Vortragsreihe TACHELES

„Getting Justice“

Referent

Fernando Bermudez

Veranstaltungsbeschreibung

30. April 2013, 20 Uhr, Kollegiengebäude I – Raum 1098

120 Gäste besuchten am 30. April den Vortrag von Fernando Bermudez mit dem Titel „Getting Justice“. Kaum jemand hat mehr Grund, Gerechtigkeit für sich und für andere einzufordern. Fernando Bermudez verbrachte aufgrund einer falschen Verurteilung wegen Mordes über 18 Jahre in New Yorker Gefängnissen. Im Jahr 2009 wurde seine Unschuld bewiesen und er erlangte im Alter von 40 Jahren die Freiheit wieder. Seine Verurteilung beruhte auf fehlerhaften Beweisen und Fehlverhalten von Polizei und Staatsanwaltschaft. Dem Lehrstuhl von Professor Thomas Feltes von der Uni Bochum war es gelungen, Fernando Bermudez zu dieser Vortragsreise nach Deutschland einzuladen.

Seine tragische und beeindruckende Geschichte erzählte Fernando Bermudez auf eine ganz besondere und mitreißende Art und Weise. Wer erwartet hatte, einen gebrochenen Mann vor sich zu finden, wurde eines Besseren belehrt. Fernando strotzte nur so vor Kraft und Energie, die er dazu einsetzte, seinen Zuhörerinnen und Zuhörern zu veranschaulichen, was eigentlich kaum zu glauben ist. Die zunächst entlastende Zeugenaussage eines selbst der Beihilfe zu der Tat Verdächtigen wurde durch einen Deal dieser Person mit der Staatsanwaltschaft zu einer belastenden. Die angebliche Wiedererkennung von Fernando Bermudez auf Fotos als eine Person, die Zeugen der Tat bekannt vorkam, geschah unter völlig fragwürdigen Bedingungen. Später wurden weitere Zeugen, gegen die ebenfalls Strafverfahren liefen, von der Staatsanwaltschaft ebenfalls mit Deals dazu gebracht, gegen Fernando auszusagen. Die existierenden entlastenden Zeugenaussagen wurden ebenso wie die Widersprüchlichkeiten in der Geschichte von Polizei und Staatsanwaltschaft nicht weiter beachtet, was auch an den unzureichenden Verteidigungsmöglichkeiten lag, da Fernando und seine Familie nicht genügend Geld für gute Anwälte hatten. Auf diese Weise wurde Fernando Bermudez zu 23 Jahren Haft verurteilt. Und obwohl die Zeugen, die ihn auf den Fotos erkannt haben wollten, ihre Aussagen später zurückzogen, führten zehn Berufungsersuchen nicht zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens. Seine Unschuld konnte erst bewiesen werden, als er Hilfe von einem Journalisten, mehreren Anwälten und einem ehemaligen Kriminalbeamten bekam, die sich ohne Bezahlung für ihn einsetzten und zudem auch die Öffentlichkeit mobilisierten. Den bewegenden Moment, als der Richter ihn für unschuldig erklärte und die Last der vergangenen 18 Jahre von ihm abfiel, beschrieb Fernando sehr eindrücklich. Der Polizist und der Staatsanwalt, die nachweislich wider besseres Wissen die Verurteilung gegen Fernando Bermudez vorangetrieben hatten, wurden übrigens bis heute weder disziplinarrechtlich noch strafrechtlich in irgendeiner Form belangt.

Seit seiner Entlassung ist Fernando Bermudez damit beschäftigt, die Welt neu kennenzulernen, seine traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten und Menschen nahezubringen, was passiert ist und wie es dazu kommen konnte. Er setzt sich gegen die Todesstrafe ein und hilft Gefangenen in den USA. Dies alles tut er mit einer Energie, die ihresgleichen sucht. Von dieser Energie konnten auch die Zuhörerinnen und Zuhörer des Vortrages profitieren.