Vortragsreihe TACHELES

„Geistiges Eigentum in Zeiten des Internets“

Referent

Dr. Albrecht Götz von Olenhusen

Veranstaltungsbeschreibung

13. Dezember 2011, 20 Uhr s.t., Kollegiengebäude I – Raum 1199

„Wem gehört das Wissen?“, fragte Dr. Albrecht Götz von Olenhusen seine ZuhörerInnen im Rahmen der von der Humanistischen Union und dem LSH organisierten Veranstaltungsreihe TACHELES. Die starke Internationalisierung insbesondere durch das Internet habe das geltende Urheberrecht dysfunktional gemacht – „Versuchen Sie mal, im südamerikanischen Dschungel ihre Lizenzgebühren einzutreiben.“ – Nun gelte es neue Regeln zu finden. Im Laufe des Vortrags wurden den ZuhörerInnen verschiedene diskutierte Ansätze zur Lösung der Problematik referiert und deren jeweils eigene Probleme aufgezeigt.

Von Olenhusen machte einen Wandel im Umgang mit dem Urheberrecht aus, der nicht zum Nutzen der Kreativen, sondern der Eigentumsindustrie verlaufe. Gerade die „fanatischen Vier“ Google, Apple, Amazon und Facebook würden das Feld des geistigen Eigentums im Internet nahezu vollständig unter sich aufteilen. Hierin sähen viele einen Kontrollverlust bei den Rechteinhabern. Der Gesetzgeber habe auf diese Lage nun mit dem sog. 1. und 2. Korb im Urheberrecht reagiert. Diese Reformen seien jedoch stark von den Rechteverwertern beeinflusst worden und würden im krassen Gegensatz zur von den tatsächlichen Informationsnutzern geforderten Zugangs- und Kostenfreiheit stehen. Insbesondere mit DRM (Digital Rights Management) würde das Urheberrecht in den bislang nicht berührten privaten Bereich vordringen. Da sich DRM zudem relativ leicht umgehen lasse, sei somit auf der einen Seite ein zu starker Schutz des Urheberrechts zu sehen, der auf der anderen Seite aber für die Rechteinhaber quasi nutzlos sei.

Auch führe der bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Autoren noch geltende Urheberschutz in Verbindung mit der Tatsache, dass mittlerweile die meisten Werke von einer Vielzahl von Autoren geschaffen würden, zu einer stark vergrößerten Zahl an Rechteinhabern. Deren Ermittlung sei bei der Beschaffung von Nutzungslizenzen oft sehr schwierig. Der vom Börsenverein eingebrachte Vorschlag der Schaffung einer zentralen Lizenzdatenbank in Europa helfe wenig, da zum Eintragen in diese Datenbank immer noch die Rechteinhaber ermittelt werden müssten.

Als mögliches Lösungsmodell ging von Olenhusen auf eine pauschale Vergütung für die Nutzung von geistigem Eigentum im Netz ein. Dies klänge zwar nach einem gangbaren Kompromiss, beinhalte jedoch massive Probleme. Bereits jetzt seien viele Informationen sogenanntes Public Domain, also lizenzfrei zugänglich. Zudem könne auf das Urheberrecht in Deutschland gar nicht verzichtet werden. Die sog. Urheberpersönlichkeitsrechte blieben immer beim Schöpfer und die Nutzungsrechte seien regelmäßig bei einer Verwertungsgesellschaft, die im Zweifel gar kein Interesse an einem solchen Pauschalmodell habe, da sie bei diesem deutlich schlechter stehe. Gerade für die Wissenschaft sei hier Open Access wohl eine erfolgversprechendere Lösung. Abschließend solle sich der Zuhörer die Frage stellen, ob in der heutigen Zeit kommunikative Texte überhaupt noch dem Urheberrecht unterworfen werden könnten. Jedes geistige Werk sei schließlich „ein Haus mit vielen Stockwerken“, so dass man kaum noch vom „genialen Schöpfer“ sprechen könne und der Urheber sich fragen müsse, inwiefern er überhaupt Ansprüche geltend machen dürfe. Aus diesem Blickwinkel sei es sicherlich eine Überlegung, das Urheberrecht zu einem Verbreitungs- oder Kommunikationsrecht zu entwickeln. Die meisten Schöpfer geistigen Eigentums würden heute sowieso bereits für ihre – im Angestelltenverhältnis erfolgende – Forschungstätigkeit entlohnt. Die Finanzierung der Urheber durch ihr Werk sei zudem letztlich ein bloßer Wunschgedanke, der schon vor über 100 Jahren wissenschaftlich widerlegt worden sei. Der Kreative lebe nicht von seinem Werk, sondern weil seine Frau arbeiten gehe.