Vortragsreihe TACHELES

Rechtsradikale bei der Bundeswehr: Im Geiste der Freikorps

Referent

Prof. Dr. Wolfram Wette, Militärhistoriker, Waldkirch

Veranstaltungsbeschreibung

11. Januar 2018, 20 Uhr c.t., Kollegiengebäude I – Raum 1009

Der Rechtsextremismus in der Bundeswehr ist ein erst noch zu entdeckendes Thema. Gewiss, wir haben im Jahr 2017 spektakuläre Vorfälle erlebt. Der Fall des Bundeswehr-Oberleutnant Franco A. zeigt, dass es sich hierbei nicht um einen der „Einzelfall“ handelt, nach den wieder zur Tagesordnung übergegangen werden kann. Der Fall Franco A. lässt die Frage stellen, wie ein Soldat der Bundeswehr in der Karriereleiter hochsteigen kann, der in seiner an der französischen Militärakademie Saint-Cyr eingereichten Masterarbeit völkische und rassistische Gesinnung vor sich her trägt, und vor seiner Entlassung durch den französischen Kommandanten durch die deutschen Vorgesetzten geschützt worden ist; der Waffen und Munition aus Bundeswehrbeständen in erheblichen Mengen hortet; der von der österreichischen Polizei entdeckt wird, wie er eine deponierte Schusswaffe aus einem Versteck holt. Und der sich eine Tarnidentität als syrischer Flüchtling in Deutschland zugelegt hatte, um schon geplante Anschläge auf deutsche Politiker und Personen des öffentlichen Lebens den Flüchtlingen, den Ausländern, den Anderen in die Schuhe zu schieben.

Verteidigungsministerin von der Leyen hatte mit echtem Erschrecken und wohltuend öffentlich reagiert. Sie wurde vom ‚militärischen Komplex‘ sofort wieder zurückgepfiffen, ein Einzelfall, mehr nicht. Der Bundesgerichtshof hat Franco A. am 29.11. wegen mangelnden Tatverdachts von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten aus der U-Haft entlassen. Die Bundesanwaltschaft hat 10 Tage später Anklage u.a. wegen genau dieses Delikts erhoben.

Prof. Wette wird diese Ereignisse einordnen in die unrühmliche deutsche Militärgeschichte: Die Freikorps, die Morde rechtsradikaler Militärs an dem ersten Bayerischen Ministerpräsidenten Eisner, an Zentrumspolitiker Erzberger, an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, an Außenminister Walter Rathenau u.v.m., die milde und verständnisvolle Richter fanden, so sie gefasst wurden. Dieses militaristische Milieu blüht auch heute wieder, freilich unter neuem Namen, den Preppers, den „Bereiten“.

Zur Person: Prof. Dr. em. Wolfram Wette, Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFG) in Freiburg bis 1995. U.a. Unterstützer des pazifistischen Arbeitskreises ‚Darmstädter Signal‘, Mitherausgeber des Jahrbuches für Historische Friedensforschen/Frieden und Krieg, Autor über viele bis dahin unbekannte Menschen, stille Helden, die im Dritten Reich alltäglichen Widerstand und Menschlichkeit bewiesen hatten. Zuletzt in Die Zeit vom 06.12.: ein Beitrag über den ersten deutschen Träger des Friedensnobel-Preises vor 90 Jahren, den Pazifisten Ludwig Quidde.